Die Bankgeschäfte wurden per Handschlag getan

Schlagenhofen – Zu den Leuten, die im vorigen Jahrhundert von sich Reden machten, gehört zweifellos Martin Leitner (1868 bis 1942) aus Schlagenhofen. Und das, obwohl er weder Bürgermeister war noch sonst ein hohes Amt bekleidet hat. Wenn man mal davon absieht, dass er Anfang der 20iger Jahre zusammen mit Oberaltings Pfarrer Matthias Graf die Spar- und Darlehenskasse gründete und sie als so genannter „Rechner“, heute würde man dazu Bankdirektor sagen, über viele Jahre hinweg geleitet hat. Dass er ein sehr engagierter Mann gewesen sei, weiß Katharina Hartmann aus Schlagenhofen. Die 65-Jährige ist die Enkelin des 1942 verstorbenen Land- und Gastwirts. Der Großvater aber und sein Engagement sei nach wie vor Thema. „Er hat viele Niederschriften und Tagebücher hinterlassen. Erst vor kurzem habe ich wieder darin gelesen.“ Außerdem kenne Katharina Hartmann den Großvater aus den vielen Geschichten, die die Mutter über ihn erzählt hat. Um die Jahrhundertwende herum hat Martin Leitner den Gastl-Hof Haus Nr. 5 von seinem Vater übernommen. Und weil er ein intelligenter Bursche war, schickte man ihn sogar auf die höhere Ackerschule in Landsberg. Außerdem besorgte er sich die Konzession für den Betrieb einer Gastwirtschaft, die es heute noch im Haus Nr. 5 gibt. In dieser Gastwirtschaft, so Hartmann, seien auch die Bankgeschäfte getätigt worden. „Die Leute sind am Sonntag nach der Kirche vorbei gekommen und da haben sie auch gleich noch ihre Geldgeschäfte erledigt.“ Egal auch, ob es schon nach Mitternacht war, oder frühmorgens vor der Arbeit auf dem Hof. „Strenge Öffnungszeiten gab es nicht. Mein Großvater stand für seine Kunden immer zur Verfügung.“ Den höchsten Kredit, den er laut der Unterlagen je ausbezahlt hatte, waren 500 Mark.
1926 hat ihn dann die damals selbständige Gemeinde Buch für die Verleihung des Titels „Ökonomierat“ vorgeschlagen, schreibt Werner Bülow in seinem Heimatbuch „Der Wörthsee“. Anlass war, dass Martin Leitner sich auch um die Einführung der „zweckmäßigen Anwendung von Kunstdünger“ verdient gemacht hatte. Doch Leitner, der unter anderem Graf Hans Veit von Toerring in landwirtschaftlichen Fragen beriet, war kein Freund von Titulierungen. Er lehnte rundweg ab. Bülow: „1942 starb dieser rührige, im ganzen Bezirke bekannte Mann.“ Erhalten geblieben ist die Wirtschaft als zentraler Treffpunkt in Schlagenhofen. Wenn auch nur sonntags geöffnet ist. „Nach der Kirche trifft man sich hier zum Frühschoppen“, sagt Katharina Hartmann. Und was früher nicht möglich gewesen war, ist heute Usus: „Es dürfen sogar die Frauen am Frühschoppen teilnehmen.“ Uli Singer


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