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Weihnachten anno dazumal

Jedes Jahr machen sich die Menschen aufs Neue Gedanken, was sie ihren Liebsten zu Weihnachten schenken sollen. Von Mal zu Mal wird es schwieriger, da Otto Normalverbraucher heutzutage nicht mehr auf das Christkind angewiesen ist, um sich den einen oder anderen Luxusartikel zu gönnen. Nicht selten liegen deshalb Geschenke unterm Baum, die überflüssig geworden sind. Was findige Leute dazu bewogen hat, Tauschbörsen für Weihnachtsgeschenke einzurichten.
Sorgen, die sich die Menschen vor 100 Jahren nicht machen mussten. Als seltenes Ereignis galt schon, wenn an Heilig Abend festlich aufgetischt wurde. „Sehr verschieden von der Gegenwart gestaltete sich in meiner Jugend das Weihnachtsfest für Kinder Etterschlags“, schrieb Joachim Königbauer in seinen 1925 erschienenen Kindheitserinnerungen. „Vom Christbaum mit seinem Schmuck und Lichterglanz und den herrlichen Gaben, die die Augen der Kinder groß und glänzend machen, wusste man in Etterschlag nichts. Wir Kinder gingen abends um sieben Uhr in das Bett, standen um zehn oder halb elf Uhr wieder auf und waren mit den Erwachsenen um zwölf Uhr nachts beim Festgottesdienst in Walchstadt, von dem wir um halb zwei Uhr zurückkehrten. Nun versammelte sich die ganze Familie um den Tisch, den bald warme Blut- und Leberwürste, sowie Schmalznudeln zierten. Wir ließen uns die leckeren Gaben trefflich schmecken, legten uns sodann in das Bett und erhoben uns um halb sieben Uhr wieder, da um sieben Uhr in Etterschlag ein feierliches Amt war.“ Das winterliche Vergnügen bestand aus waghalsigen Schlittenfahrten oder aber aus nicht ganz ungefährlichen Spielen, zu denen sich die Dorfjugend am zugefrorenen Weiher traf. In der Mitte desselben wurde ein Pfahl von der Dicke einer Wagenachse geschlagen. War er schön eingefroren, stülpte man ein Wagenrad darüber, das wiederum mit langen Stangen versehen wurde. An deren Ende befanden sich Schlitten, die per Muskelkraft angetrieben wurden. Je schneller sich die Schlitten drehten, desto mehr Mut war erforderlich.
Über die seinerzeitige Armut hat auch der Dießener Martin Meier viele Geschichten zusammen getragen und veröffentlicht. Unter anderem erzählt er vom kleinen Schorschi, der Jahr für Jahr 14 Tage vor Weihnachten an das Christkind schrieb: „Liebes Christkind! Ich wünsche mir eine Eisenbahn. Eine solche wie im Katalog. Wenn du keine mehr hast, dann wünsche ich mir Plätzchen, zwei Oranschen und Handschue. Dein Schorschi.“
Obwohl die Eisenbahn-Garnitur damals nur 2,95 Mark gekostet hatte, ging Schorschis Wunsch nie in Erfüllung. Weshalb er sich später als Lehrbub die Mark vom Munde absparte und sich seine Eisenbahn dann selbst kaufte. Uli Singer